Life

Gedanken zum stillen Örtchen

In der besinnlichen Adventszeit darf man sich ruhig auch mal Gedanken über das Normalste machen. Und darüber, dass es mehr als 2,5 Milliarden Menschen nicht möglich ist, eine Toilette zu benutzen.

Gerne spricht man bei unserer zeitgenössischen Kultur von einer Hochkultur. Doch dem muss widersprochen werden, da es schon in der Antike einfache, aber ausgeklügelte Toilettensysteme gab. Kennzeichnend dafür ist die Redewendung «ein Geschäft machen», die von geschäftlichen Besprechungen stammt, die während des Toilettengangs entstanden. 

Während zur Zeit der Antike noch gemeinschaftlich auf dem Örtchen gesessen wurde, entstand im Mittelalter und in der frühen Neuzeit ein Schamempfinden. Dem Plebs stand zur Verrichtung das offene Feld zur Verfügung, während sich die Oberschicht auf das rückwärtig angebaute Plumpsklo setzte. 

Als Auffangbecken diente ein Wassergraben, in dessen Nähe oft eine Trinkwasserquelle lag – selbst Aufnahmen aus dem Jahre 1886 zeigen noch Abtritterker über der offenen Birsig! Erst seit der Neuzeit weiss man, dass die damaligen Typhus- und Cholera-Epidemien auf die katastrophale Siedlungshygiene zurückzuführen sind. 

Albrecht Dürers heimliche Toilette

Der Wandel vom Gemeinschaftlichen zum Privaten vollzog sich nur zögerlich. Dem kamen allerdings verschiedene Verbesserungen und Patente im Laufe der Städteentwicklung entgegen. Die Erkenntnis, dass Entwässerungssysteme notwendig waren, setzte sich immer mehr durch. Nach und nach wurden Kanäle gebaut, um die Exkremente mit Wasser aus dem Siedlungsgebiet herauszuschwemmen. 

Charakteristisch für den Rückzug ins Private ist die Bezeichnung «Privet». Dazu eine kleine Anekdote: Die Stadt Nürnberg rügte einst den berühmten Maler Albrecht Dürer, weil dieser heimlich eine Toilette in seine Küche eingebaut hatte. Als berühmter Bürger der Stadt erliess man ihm allerdings die Geldstrafe für diese Ordnungswidrigkeit.

Grosse Veränderungen der sanitären Einrichtungen brachte die sogenannte «hygienische Revolution» im 19. und 20. Jahrhundert, die wir den Briten zu verdanken haben. Die ersten «Water Closets», heute gemeinhin als WC bekannt, waren allerdings noch sehr korrosionsanfällig, da ihre Klappen und Ventile aus Metall bestanden. 

WC, Toilette, Klo…: Ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass wir das Objekt nennen, wenn wir den Raum meinen, indem sich dieses befindet? Bis heute gibt es – im Gegensatz zu allen anderen Räumen einer Immobilie – keine vergleichbare Bezeichnung für den Raum, indem wir unser Geschäft verrichten. Auf die Idee, die Küche «Herd» zu nennen oder das Schlafzimmer «Bett», käme wohl keiner.

Die verschwundene «halbe Treppe»

Ein telefonischer Lokaltermin brachte es auf den Punkt: Ein Mitarbeiter des Basler Tiefbauamts konnte sich vage daran erinnern, dass er vor ca. zehn Jahren eine «halbe Treppe» in Kleinbasel angetroffen hatte. Derselbe Mitarbeiter beschied mir auch, dass dem Tiefbauamt keine Zahlen über die Verbreitung von Toiletten im Zwischenstock – auch Etagen-Klos genannt – vorlägen, und dass es seiner Meinung nach kaum noch solche gäbe.  

Es sei vorstellbar, dass diese «halben Treppen» heute als Abstellkammern dienten oder einer einzigen Mieterpartei zugeteilt wurden. Die Immobilien Basel-Stadt bestätigte ebenfalls, dass es in ihrem Portfolio keine Wohnungen mit Toiletten im Zwischenstock gäbe. Nicht auszuschliessen sei, dass Vorkriegswohnungen im St. Johann, im Matthäus-Quartier und in der Altstadt noch vereinzelt solche Installationen ihr Eigen nennen würden.

Ebenfalls nicht fündig geworden bin ich bei anderen Dienststellen der Region. Eine Mitarbeiterin der Gemeinde Riehen (Alterspflege) hat mir jedoch bestätigt, dass sie vor Jahren noch solche «Aussentoiletten» gesehen hätte. Die «Aussentoilette», oder eben die «halbe Treppe», ist trotz allem vielen älteren Einwohnern der Stadt Basel durchaus noch ein Begriff. 

Welttoilettentag

So, wie es mittlerweile für alles einen Welttag gibt, gibt es auch einen «Welttoilettentag». Dieser findet am 19. November statt und soll daran erinnern, dass in vielen Entwicklungs- und Schwellenländern noch immer sehr schlechte hygienische Bedingungen herrschen. Noch heute ist es mehr als 2,5 Milliarden Menschen nicht möglich, eine Toilette zu benutzen. Diese fehlende Siedlungshygiene ist – so wie früher bei uns – für katastrophale Lebensbedingungen und diverse lebensbedrohende Krankheiten verantwortlich.