Jeden Tag halten wir es in unseren Händen. Eine vierteilige Geschichte im «Mii Quartier» über das Papier von damals und heute. Dieser erste Teil erzählt, wie es von China nach Ägypten kam.
Die Erfindung des Papiers haben wir den Chinesen zu verdanken. Dies kann man allerdings nicht mit absoluter Sicherheit sagen, da es nirgends festgehalten wurde. Die Funde, die man bis zum heutigen Datum hat, gehen bis auf das Jahr 200 v. Chr. zurück. Papier ist nicht zu vergleichen mit Pergament oder Papyrus. Das alte Pergament wurde aus Tierhäuten gefertigt und der alte Papyrus hatte eine ganz andere Herstellungsart.
Mondkrater nach Erfinder benannt
Etwa im Jahre 50 n. Chr. wurde der Chinese Cai Lun geboren. Er war ein Eunuch am Hofe des Kaisers und dort als Beamter für die Fertigung von Instrumenten und Waffen verantwortlich. Im Jahre 105 n. Chr. dokumentierte Cai Lun die Papierherstellung im östlichen Han-Reich. Er gilt als Erfinder des Papiers, obwohl es das damalige Papier schon seit dem zweiten Jahrhundert v. Chr. gab. Cai Lun beschrieb das Aufschliessen von Pflanzenfasern (Ramiegras, Bambusgras oder Maulbeerstrauch) und Hadern (Lumpen) sowie die Methode des «Verfilzens» durch Schöpfen mit einer Form.
Die damaligen Papiere wurden nicht nur zum Schreiben, sondern vor allem als Tapeten und zu Dekorationszwecken eingesetzt. Zudem dienten sie als Isolationsmaterial. Cai Lun, der zu den zehn einflussreichsten Persönlichkeiten der Menschheitsgeschichte gehört, starb um 121 n. Chr. Im Jahre 2010 wurde ein Mondkrater nach ihm benannt.
Das «Reich der Mitte», wie China auch genannt wird, führte immer wieder Kriege an seinen Grenzen. Bei diesen Kriegen gab es viele Gefangene, die zu Sklavenarbeit verurteilt wurden. Wer sich dem unbarmherzigen Regime beugte, kam in den Genuss von Privilegien. Eines dieser Privilegien war weniger harte Arbeit – dazu gehörte auch das Herstellen von Papier. Die vielen Kriege formten auch den Weg der Seidenstrasse, welche zu dieser Zeit aufblühte. Es wird vermutet, dass ehemalige Kriegsgefangene im Laufe von tausend Jahren, das Wissen vom Papier über diesen berühmten Weg von China nach Mittelasien, Arabien und Ägypten brachten.
Altertum vom Papyrus geprägt
Im Gegensatz zum restlichen alten Orient – wo man noch immer ungebrannte Tontafeln beschriftete – verwendete man in Ägypten schon früh Papyrus als Beschreibmaterial. Dieser «Stoff des Pharaos» wurde später im gesamten antiken Mittelmeerraum eingesetzt. Dort erfüllte er für die Schriftlichkeit eine vergleichbare Funktion, wie sie dem Papier in China, dann in der islamischen Kultur und schliesslich in der westlichen Welt zukam.
Wie Papyrus hergestellt wurde, beschreibt Plinius der Ältere in seinem «13. Buch der Naturgeschichte». Gaius Plinius Secundus Maior, so sein lateinischer Name, war ein römischer Gelehrter, Offizier und Verwaltungsbeamter, der grossen Ruhm durch ein enzyklopädisches Werk zur Naturkunde erlangt hat. Er fiel im Alter von etwas 55 Jahren dem grossen Vesuvausbruch zum Opfer. Auch nach ihm wurde ein Mondkrater benannt.
Der Papyrus ist eine Staude, die bis zu drei Meter hoch werden kann. Das Mark der Pflanzenstengel wird in bis zu vier Zentimeter breite Streifen geschnitten, die aneinandergelegt werden und sich dabei leicht überlappen. Danach werden die überlagernden Schichten gepresst und geklopft. Zusammengehalten wird das Ganze durch den stärkehaltigen Pflanzensaft.
Die so entstandene Platte wird getrocknet und poliert, danach kann man den Papyrus bemalen oder beschriften. Mit einem Spezialleim, der übrigens auch von Plinius dem Älteren überliefert wurde, können unterschiedliche Formate und Grössen zusammengeklebt werden. Die Breite betrug im Schnitt dreissig Zentimeter und die Länge war gewöhnlich fünf bis sechs Meter. Für literarische Werke konnte die Bahnlänge allerdings auch bis zu vierzig Meter betragen.
Der Papyrus gilt als eigentlicher Vorläufer des Papiers. Es gibt Funde in Oberägypten, die auf 3.350 Jahre vor unserer Zeit datiert werden. Da der «Stoff des Pharaos» streng geheim war, vergingen mehrere Tausend Jahre bis sich herumsprach, wie man Papyrus herstellt. Neben Papyrus gibt es aber noch weitere Vorläufer des Papiers. Funde belegen, dass in Mexiko Gewebe aus Agavenblättern und in Indien Palmblätter zum Beschreiben genutzt wurden. In China, wo das Papier erfunden wurde, war der Vorläufer einfaches Seidengewebe.
Noch ist das Papier weit entfernt von Basel. Lesen Sie im zweiten Teil, wie es von Ägypten nach Europa kam …